Sonntag, 11. Juni 2017

Entschleunigter Tag auf dem Koman-Stausee

Da die letzten Tage eher heftig waren, haben wir heute das "Rentnerprogramm". Nach gestriger Rücksprache mit unserem Hotelier dauert die Anfahrt zur Fähre ca. 2. Stunden - mit abschätzendem Blick auf uns und unsere Mopeds meint der dann mit einem Grinsen im Gesicht: "Ihr braucht dazu nur eineinhalb Stunden, mit dem Bike seid ihr schneller". Auf die Frage warum, meint er nur die Strasse sei etwas "bumpy". Er soll Recht behalten, wir haben ziemlich genau 90 Minuten gebraucht und unsere malträtierten Rücken senden bereits die selben Signale wie die Tage zuvor. Die Strasse ist war zu 100 % zu 90% geteert, die restlichen 10 % bestehen aus feinsten Strassenschäden und Absenkungen, die für die komplette Nutzung des Federwegs sorgen. Die letzten 500 Meter vor dem Fähranleger verlaufen sehr abenteuerlich durch einen rohen und unbeleuchteten Tunnel, dann stehen wir an der Oberkante des Lake Koman Staudamms. Allein das Beladen des Dampfers ist ein Fest: aalglatte Metalloberflächen mit 5 cm hohen Querrillen, da wurde mal wieder an die Mopedfahrer gedacht 😉.

Obwohl das Teil eine Roll-on/Roll-off Fähre ist, werden alle Fahrzeuge auf der Fähre gedreht, weil bei der "Einfahrt" auch wieder ausgefahren wird. Wir sind die einzigen Mopedfahrer an Bord, ansonsten ist der Kahn voll mit deutschen Touristen. Drei Busse voll mit studienreisenden Rentnern (tatsächlich ein großer Reisebus von STUDIOSUS. Wusste gar nicht, dass diese Albanien im Programm haben) und eine handvoll Wohnmobilisten.

Die knapp dreistündige Überfahrt wäre ganz entspannend, wenn das Deck nicht durch zwei lokale DJ´s mit albanischer Volksmusik in 100 Phone beschallt werden würde. Ich habs mit Fassung getragen und mir einstweilen die schöne Landschaft angeschaut. Unsere Kleingruppe von vorgestern haben wir auch wieder getroffen und ganz nebenbei sehr viel interessantes aber auch trauriges über die Blutrache und den Kanun, das albanische Gewohnheitsrecht gelernt.

Gegen 15:00 Uhr kommen wir in Fierze an und haben nun noch 85 km bis zu unserem heutigen Hotel. Gute 2,5 Stunden veranschlagt das Navi hierfür und diese brauchen wir auch locker - die gesamte Strecke besteht quasi nur aus Kurven. Sehr schön zu fahren, aber leider immer wieder mit Split und Dreck versaut. Die Landschaft ist mal wieder ein Traum: stahlblauer Himmel, blutrote Erde und im Tal das türkisfarbene Wasser des Fierze-Stausee, dem wir über eine Stunde folgen.
Nur ein sehr blasser Abklatsch der tatsächlichen Aussicht

Auf der gesamten Strecke begegnen uns gerade mal zwei Allrad Bussle mit D-Kennzeichen, sechs Vespas mit italienischen Chaotenpiloten (der Letzte kam mir sauber auf der Innenseite meiner Kurve entgegen, zauberhaft im wahrsten Sinne des Wortes). Ein Bauer mit 5 Kühen - ich habe die letzte Stunde kein Haus gesehen und eine weiterer Kuhhirte im Nirgendwo mit seiner kleinen Tochter. Ansonsten scheint die Gegend gänzlich unbesiedelt.
Albania at its best - die Lösung eines kleinen Problems
 Gegen 17:30 Uhr kommen wir in Fushë-Arrëz an, der garantiert hässlichsten Stadt in ganz Albanien (ich habe zwar noch nicht viel gesehen, aber hässlicher geht nimmer).
In Wirklichkeit noch viel hässlicher, leider. Die Gegend hätte Potential

Das Hotel passt ins Stadtbild und am liebsten würde man den 1. Gang einlegen und heftig die Kupplung kommen lassen. Aber wie immer kehrt sich dann doch noch alles zum Guten. Der jugendliche Bediener spricht ordentlich Englisch und ist überaus freundlich und das Abendessen ist ebenfalls sehr solide und schmackhaft. Über das Zimmer für 28,- € incl. Frühstück verliere ich jetzt mal kein Wort... Alles Bestens, wir sind satt und gesund und dies scheint in dieser ärmlichen Gegend nicht immer selbstverständlich für jeden zu sein.